Ist man im Norden Sydneys – vorzugsweise mit eigenem Auto – unterwegs, lohnt sich ein Abstecher an den Baha’i Temple nahe Mona Vale. Dieser Tempel der Baha’i ist ein Haus des Gebets für Menschen aller Religionen und Kulturen. Aber auch Backpacker die einfach nur von der Architektur fasziniert sind sind willkommen.
Bahaitum
Baha’i ist mit knapp 200 Jahren eine recht junge Religion. Sie ist im Iran aus dem Islam hervor gegangen. Sie ist aber wie das Christentum zum Judentum, keine Abspaltung des Islam, sondern eine eigenständige Religion. Die Ziele und Grundsätze der Religion sind in meinen Augen so anspruchsvoll wie ehrenhaft. Neben der fundamentalen Einigung aller Religionen und der Gleichstellung von Mann und Frau findet sich dort das Abschaffen von Vorurteilen, die Lösung von wirtschaftlichen Problemen mit spirituellen Ansätzen und schließlich – Weltfrieden.
Wie mir im Besucherzentrum erklärt wird glauben Baha’i, dass jede Religion nur ein Weg zur Wahrheit ist. Deshalb studieren die Baha’i auch nicht nur ihre eigenen Schriften, sondern die Religiösen Texte aller Religionen. Der Gedanke und Glaube an einen Gott, der sich in unterschiedlichen Aspekten offenbart, ist hier der gemeinsame Nenner und ein Roter Faden zwischen den Kulturen. Religösen Grundsätzen begegnen die Baha’i indem sie sich zunächst fragen, ist es ein Grundsatz der in der damaligen Zeit und Kultur verankert ist, oder ist es eine universelle Wahrheit, die abseits von Zeit und Kultur immer Gültigkeit hat.
Die Baha’i glauben an eine gemeinsame, friedliche Zukunft für alle Menschen. Vielleicht ist das der Grund warum sie nach dem Christentum die weltweit am meisten verbreitete Religion ist. Deshalb ist es sehr traurig, dass sie im Land ihrer Entstehung Iran eine unterdrückte und verfolgte Minderheit sind.
Der Tempel
Der Tempel steht allen Menschen offen und ist für die Baha’i zwar ein Ort an dem Gottesdienste stattfinden, aber er wurde primär für Nicht-Baha’i gebaut. Man betritt den neun-seitigen Tempel über neuen Stufen. Der Innenraum ist bestuhlt, mit ein paar Blumensträußen geziert und ansonsten recht schlicht gestaltet.
In der Mitte der Kuppel finden wir einen arabischen Schriftzug – Alláh-u-Abhá (God is the Most Glorious). Durch die Fenster unter der Kuppel fällt das Licht in das Innere des Tempels und gibt dem Tempel eine eigene Wärme. Und um den Tempel ist ein schöner Garten angelegt mit einem Picknick Bereich und Toiletten.
Freiwillige aus aller Welt
Als wir mit unseren Kameras gezückt vom Parkplatz in Richtung Tempel laufen sieht uns vom Visitor Center ein lächelnder Mann mit grauen Haaren entgegen. Ich muss an die vielen, vielen Zeugen Jehovas denken die mich in meinem Leben schon angesprochen haben und spiele mit dem Gedanken ihn zu ignorieren. Oder ihm eine freundliche Abfuhr zu geben.
Es stellte sich heraus, dass das gar nicht nötig war. Er begrüßte uns freundlich und fragte ehrlich neugierig woher wir sind und was uns hier her führt. Nach ein paar kurzen Worten zur Einführung über den Tempel und seinen Zweck entlässt er uns und wünscht uns viel Spaß. Wenn wir möchten können wir später noch zu ihm ins Besucherzentrum kommen.
Auf dem kurzen Weg zum Tempel stellt er uns aber dann doch noch zwei Mädchen Anfang bis Mitte zwanzig vor die dort arbeiten. Sie sind ebenfalls aus Japan und Deutschland und das japanische Mädchen ist sichtlich erleichtert dass sie sich endlich wieder mit jemandem in ihrer Muttersprache unterhalten kann. Beide sind Baha’i und machen hier freiwilligen Arbeit. Wie ich später erfahre ist auch unser silber-haariger Begrüßer ein Freiwillger der aus Amerika kommt.
Das Ganze ist so nett, dass wir uns zum Abschluss tatsächlich im Visitor Center wiederfinden und über die Baha’i und ihre Geschichte aufgeklärt werden.