Grey Nomads, tote Batterie, und Polizei

Hier beschreibe ich, was mir an meinem zweiten Abend während meinem ersten Roadtrip passiert ist. Ich lernte den Wert von Moskito Coils zu schätzen, diskutierte Geschichte, und kam am nächsten Morgen in einen Verkehrskontrolle

In Wagga Wagga traf ich Frank, einen Grey Nomad. Frank hatte sein Haus verkauft als er in den Ruhestand ging und sich stattdessen ein Auto gekauft, in dem er alles unter brachte was er zum Leben brauchte. Er erzählte mir viel, von seiner Familie und dass er Sie bald in Melbourne besuchen wolle. Er gab mir einige hilfreiche Tipps, so lernte ich zum Beispiel dass die spottbilligen Moskito Coils am besten gegen Moskitos helfen. Wir redeten lange in die Nacht hinein, über Gott und die Welt.

Beim Thema Geschichte musste ich mich kurz zusammenreißen, als er meinte, er habe ein Buch gelesen und sei  jetzt der Meinung the jews had it comming (etwa: die Juden sind ja selbst schuld gewesen!). Nein!, sagte ich bestimmt und mit unterdrückter Wut. Es gibt in jeder Gruppierung von Menschen Arschlöcher, von denen man sagen könnte, they had it coming, aber man kann doch nicht eine ganze religöse Gruppe, ein ganzes Volk,  an der angeblichen Idiotie von ein paar Individuen messen. Frauen, Kinder, Familien, die mit den gleichen Sorgen und Nöten kämpfen mussten wie jeder andere Mensch auch, wurden systematisch ausgerottet. Wie kann man so etwas moralisch rechtfertigen? Die Entmenschlichung von Menschen ist etwas beängstigendes.

Ich weiß nicht ob das bei ihm ankam, jedenfalls war das Thema damit erledigt, und wir wechselten zu etwas Leichterem über. Er war es, der mir sagte ich müsse unbedingt Silverton besuchen. Und er meinte, meinen ersten taste of the outback werde ich erst auf der Strecke zwischen Mildura und Broken Hill kriegen. Alles bis dahin sei noch nicht echtes Outback. Und ich gebe ihm recht.

An diesem Abend vergaß ich das Licht an meinem Campervan auszuschalten. Mein prüfender Blick auf die Scheinwerfer kam zu spät, denn nachdem ich von meinem 15 minütigen Spaziergang zurück kam,  war die Batterie tot. Frank  war am morgen shoppen gegangen, und ich war erstmal hilflos. Nach einigem Fluchen, suchte ich im Auto nach etwas, das mir helfen könnte. Die Batterie für den Kühlschrank, die auch über die Lichtmaschine geladen wurde hatte noch genug Saft, und mit Hilfe eines anderen Grey Nomad aus dem selben Camp, konnte wir meine Kiste überbrücken. Ich nahm gedanklich Abschied von Wagga Wagga und machte mich auf den Weg nach Griffith.

Kaum hatte ich das Camp hinter mir gelassen und schlängelte mich in Richtung Highway, als sich ein Polizeiauto hinter mich hängte. Ich war mir erst unsicher, ob der wirklich mich meinte, oder nicht. Dann dachte ich, wen denn sonst? und nahm die nächste Links und hielt den Wagen an. Den Motor lies ich aber laufen! Meine letzte Hoffnung, dass nicht ich sein Ziel war verflog, als er hinter mir anhielt und auf mich zu geschlendert kam.

Er klärte mich darüber auf, dass eine Kamera lief, und dass unsere Unterhaltung und jegliche Transaktion festgehalten würde. Ich gab ihm meine Unterlagen, Reisepass, Führerschein(e), Visum, Mietvertrag.Er fragte mich, ob ich ihn verstehen könne. Bis dahin hatte ich kaum etwas gesagt. Ich sagte, ja schon. Es sei nur, ich hatte Probleme mit dem Auto, die Batterie sei leer und ich sei gerade erst vom Freecamp um die Ecke losgefahren. Ein andere Camper hätte mir geholfen die Kiste zu starten. Er sagte, ok, dann mach den Motor nicht aus.

Meine Erinnerung ist etwas schwammig, aber ich glaube er fragte mich tatsächlich, ob ich wisse was ich falsch gemacht habe. Nein, sagte ich. Tatsächlich war mir nicht klar was los war. Ich war etwas um die 65 km/h gefahren. Also deutlich unter dem Tempolimit von 70 km/h das in der Regel in der Nähe von Ortschaften gilt. Das Blöde ist, ich war noch nicht raus aus dem Ort. Es war der 24.12. und ich war 17 km/h im Ort zu schnell gefahren. Da es holiday season war galten doppelte Preise, also etwas um die $200. Er klärte mich über meine Rechte auf, darüber dass ich Einspruch erheben kann und all das. Ich bemühte mich zu zu hören, aber in meinem Kopf hallte es nach: $200, $200, $200, $200, $200, $200….

Leicht schockiert fragte ich, ob ich das mit Kreditkarte zahlen könne. Er sagte, ja klar. Er schicke mir alles nötige per Email. Er wünschte mir frohe Weihnachten und machte sich auf den Weg. Die nächsten Tage prüfte ich mit pochendem Herzen meine Emails. Aber es kam nichts. Und auch als ich den Campervan schließlich in Melbourne zurück gab, und in all der Zeit danach kam nie wieder etwas. Danke, lieber Polizist, dass du mich davon hast kommen lassen.

An diesem Tag besuchte ich Freunde in Griffith. Sie gaben mir was zu trinken während wir den Abend und den nächsten Tag planten. Ich nippte an meinem Bier und meinte, wenn wir heute einkaufen fahren, dann aber jetzt, denn ich hatte heute schon meine Begegnung mit der Polizei. Wir gingen also einkaufen und auf dem Weg zurück … Verkehrskontrolle. Wir sahen sie schon von weitem und diskutierten noch im Auto, sollen wir jetzt umdrehen? Oder den Fahrer wechseln? Das ganze in Sichtweite der Polizei entfernt.

Natürlich blieb ich Fahrer, und natürlich reihten wir uns für die Kontrolle ein. Als es ans pusten ging, fragte mich der Polizist ob ich das schon einmal gemacht habe. Nein, hatte ich nicht. Ob ich etwas getrunken hätte? Zur Belustigung meines Kumpels antwortete ich wahrheitsgerecht, I had a sip of beer earlier. Kein Problem meinte der Polizist, und ich pustete in mein Mundstück. Kein Alarm, bitte weiterfahren. Schönen Tag noch, ja, ebenso.

Wir fuhren zurück und ich war ungläubig und dankbar, dass mir wenigstens dieses Schicksal erspart blieb.

Kommentar verfassen