Etappe 2 – Silverton bis Port Macdonnell

Auf diesem Teil der Strecke erreiche ich die Küste, und muss direkt wieder ins Outback fliehen. Ich habe etwas Zeit für mich, lerne einige Reisende kennen, feiere Silvester in Adelaide, und folge der Küste um einen traumhaft schönen Strand zu finden.


Auf dem Barrier Highway

Ich verlies Broken Hill erst gegen Mittag, denn morgens besuchte ich in Broken Hill noch die Living Desert, und machte mich erst dann auf den Weg. Mein Tagesziel war das etwa 400km entfernte Port Augusta am Kopf des Spencer Golfs in South Australia. Es sind wieder über 30 Grad und erst gegen späten Vormittag aufzubrechen hat die Fahrt nicht angenehmer gemacht.

Wie der Tankwart in Broken Hill schon angekündigt hatte, ist der Barrier Highway Schnur gerade. Obwohl es auf der Karte so aussieht, als käme etwa alle zwanzig Kilometer ein Ort, sieht die Realität ein wenig anders aus. Die Orte sind oft nur eine Ansammlung von Wellblechhütten (zumindest was man von der Straße aus sieht) die über dirt roads verbunden sind. Das am solidesten gebaute Haus im Ort ist der Bahnhof, denn der Barrier Highway hat mit der parallel laufenden Bahnlinie einen stetigen Begleiter. Manchmal sehe ich nicht mal einen Bahnhof, sondern nur eine automatisierte Station in der der Zug (vermutlich) Wasser aufnehmen kann.

Es klingt eintöniger als es tatsächlich ist. Einheimische mit denen ich über diese Erfahrung gesprochen habe, brachten mir oft Unverständnis entgegen. In Deutschland kenne ich kein Stück Autobahn, an dem man einfach fahren kann. Kein Stau, praktisch keine anderen Verkehrsteilnehmer, keine Unterbrechungen. Nur die Landschaft, die Straße und du. Nach drei Jahren im Stuttgarter Berufsverkehr, eine sehr angenehme Erfahrung. Ich konnte endlich wieder Auto fahren, ohne Wut im Bauch, weil ich möglicherweise in Stau komme, weil mich ständig jemand bedrängt, oder weil eine Baustelle an der anderen ist. Nein, hier – wie auf den meisten Highways in Australien – kann man einfach fahren.

Und auch die Landschaft war weniger eintönig als es klingt. Nachdem ich Broken Hill mit seiner flachen, grün-braunen Steppe hinter mir gelassen hatte, veränderte sich die Landschaft zusehends und wurde zu einer goldenen Graslandschaft mit leichten Hügeln, die nach und nach in die Flinders Ranges Bergkette mündete. Nach etwa zwei Stunden geradeaus machte ich Rast, denn die Hitze im Auto stieg mir langsam in den Kopf. Ich parkte im Schatten, in der Nähe des Halfway Hotels und hielt einen unruhigen Mittagsschlaf.

Über die Flinders Ranges

Ich erinnere mich gut daran, dass zu dieser Zeit mein rechter Fuß (Gaspedal) anfing zu schmerzen, denn ich konnte den Fahrersitz nicht verstellen, und der Van war einfach nicht für mich gebaut. Beim Überqueren der Flinders Ranges hielt ich ein paar Mal um Photos zu machen, und mir die Füße zu vertreten. Ich war deutlich hinter meinem Zeitplan, aber was sollte ich machen? Außerdem war ich im Urlaub, verdammt. Und ich musste mich konzentrieren, denn der Barrier Highway holte hier in den Bergen nach, was er an andere Stelle an Kurven gespart hatte. Auf der anderen Seite des Gipfels, konnte ich einen Blick auf den Spencer Golf werfen, und stellte vage Vermutungen darüber an, ob die Wolken in Richtung Port Augusta ziehen, oder nicht.

Sturm über Port Augusta
Port Augusta

Über schier endlose zwei Stunden fuhr ich den Wolken entgegen. Mein Timing war perfekt. Als ich die Ausläufer von Port Augusta erreichte, hatte ich die ersten Regentropfen auf der Windschutzscheibe. Ich hatte noch die Hoffnung, dass das Schlimmste schon vorbei sei. Die Hoffnung wurde zerschmettert, als sich innerhalb von wenigen Minuten die Straßen der Innenstadt in Sturzbäche verwandelten. Es begann also meine Flucht ins Outback.

Ich erreichte Port Augusta gut ausgeschlafen früh morgens am nächsten Tag. Ich war so früh, dass das Tourist Information Center – sowie die meisten Geschäfte – noch geschlossen hatten, und so lief ich einfach ein wenig durch die Stadt. Neben einem Telstra Air Hotspot machte ich es mir gemütlich und versorgte mich mit etwas Entertainment für die nächsten Abende. Einige Gruppen von Ureinwohnern waren schon unterwegs, und riefen sich in der lokalen Sprache irgendwelche Dinge zu. Laut, dachte ich.

Im Tourist Information Center lies ich mich wieder über die hiesigen Attraktionen beraten. Wir kamen ins Gespräch, und die Damen meinte, sie habe gestern Abend selbst ganz ordentlich Probleme gehabt nach Hause zu kommen und sie habe schon von einigen Leuten mit Wasserschäden gehört. Nur gut, dass die meisten Häuser in Australien keine Keller haben. Port Augusta hätte alles, um eine hübsche Küstenstadt zu sein, aber richtig gefallen hat es mir dort nicht. Vermutlich hat das aber auch mit meiner ersten und enttäuschenden Begegnung mit einer Aborigines Gruppe zu tun.

Als ich die Brücke über die Bucht überquerte kam mir eine Gruppe Männer und Frauen in ihren späteren Lebensjahren entgegen. Eine Dame lief schnurstracks auf mich zu, und konterte alle meine Ausweichmanöver. Sie begrüßte mich freundlich, reichte mir beide Hände und fragte mich nach meinem Namen und nannte mir ihren. Geschmeichelt, und ein wenig geehrt – schließlich hatte ich mit den Ureinwohnern vorher keinerlei Kontakt gehabt – erklärte ich ihr, wer ich war und woher ich kam. Sie nickte freundlich, und fragte dann ob sie fünf oder sechs Dollar haben kann. Enttäuscht lies ich Port Augusta ein zweites Mal hinter mir. Enttäuscht über mich selbst, dass ich ihr das Geld gab, meine Naivität, dass ich nicht direkt sah was sie wollte, und über die erste Botschafterin der Ureinwohner, die in mir nichts als einen weißen Geldbeutel sah.

Sterne, Hühnchen, Pfannkuchen und Feuerwerk

An diesem Tag war Wäsche waschen angesagt, und ich fuhr zu einem Waschsalon. Die Nacht verbrachte ich in der Nähe von Crystal Brook und machte meine ersten holprigen Versuche in Astrophotographie. Wie man sieht, waren die Erfolge eher mäßig.

Ich begegnete auf diesem Camp einem jungen Pärchen, das mir erzählte dass sie in den Schulferien mit ihrem Van unterwegs sind um ein Festival zu sehen. Neben ihnen sah ich, abseits der Touristen Hotspots nur noch einmal australische Jugendliche auf einem Roadtrip.

Ich lies es von nun an etwas ruhiger angehen und verbrachte einen entspannten Tag im Freecamp in Port Parham. Am nächsten Tag würde ich problemlos Adelaide erreichen und das Feuerwerk ansehen können. Das Camp in Port Parham ist direkt am Strand, der über und über mit angeschwemmtem und vertrocknetem Seegras bedeckt ist. Mit einem Familienvater aus Perth unterhielt ich mich kurz, denn er fragte mich ob ich den Wasserstand vorher gesehen hätte. Ich bejahte, denn ich war zur Ebbe gekommen, und nun war die Bucht voll Wasser. Er meinte, dass man in Perth von den Gezeiten kaum etwas mitkriegt und ich erzählte ihm von der Nordsee, wo man bei Ebbe mit der Kutsche zu einigen Inseln fahren kann. Er staunte nicht schlecht.

Am Abend lud mich mein Nachbar in seinen Wohnwagen ein. Wir hatten uns ein wenig unterhalten und stellten fest, dass wir beide IT Support Veteranen waren. Er war allerdings schon eine Weile im Ruhestand und zog als grey nomad durch Australien. In seinem Wohnwagen, der Geräumiger und Luxuriöser war, als eine Wohnung die ich in Homburg Saar hatte, teilte er sein Abendessen Hühnchen mit mir und lud mich auf ein Bier ein. Er machte schnell reinen Tisch, und meinte er sei etwas einsam und wolle einfach nur Gesellschaft. Seine Frau mit der er fast dreißig Jahre verheiratet gewesen war hatte sich von ihm scheiden lassen. Plan war gewesen mit ihr zusammen durch Australien zu reisen, doch sie hatte andere Pläne und als es mit dem Dasein als grey nomad ernst wurde fiel er aus allen Wolken.

PortAdaleide01

Am nächsten Tag fuhr ich nach Port Adelaide, aß im Hafen Pfannkuchen zum Frühstück und machte mich dann auf nach Adelaide. Nach einer Woche im Auto durchs Outback waren mir die 1,2 Millionen Einwohner Adelaides jedoch schnell zu viel, und ich zog mich früh an den Windy Point zurück, von dem aus ich das Feuerwerk ansehen wollte. Was dabei alles schief gehen kann, und wie ich es im nächsten Jahr in Sydney besser gemacht habe, lest ihr hier. Ich sollte 2017 jedoch noch mehr Gelegenheit haben Adelaide zu erforschen.

Die zweite Etappe klingt aus

Von nun an hatte ich keinen wirklichen Zeitdruck mehr. Mit Weihnachten und Silvester hinter mir, und meinen jeweiligen Etappenziele erreicht, hatte ich in einer Woche weit mehr als die Hälfte meiner Strecke hinter mich gebracht. Bis zum Rückgabetermin des Vans am 9. Januar hatte ich noch über eine Woche. Also blieb ich zwei Nächte in Kingston, das damals noch ein Freecamp war. Ich lernte dort Anne kennen, eine deutsche Auswanderin die ebenfalls eine Leidenschaft für die Fotografie hatte. Sie empfahl mir Mount Gambier anzusehen, was ich am folgenden Tag tat und wir tauschen Nummern aus, denn sie wollte in die entgegengesetzte Richtung. Etwa eine Woche später trafen wir uns in Melbourne und sie zeigte mir die Stadt. In Kingston fand ich etwas Abstand zur täglichen Fahrerei und sah ein paar mitgebrachte Videos an.

Obwohl ich das Licht im Van diesmal ausgeschaltet hatte, das Radio eh nicht ging, und ich mein Handy über ein Batterypack lud, sprang die Kiste am Tag der Abfahrt nicht an. Ein paar andere Reisende waren so freundlich meine Möhre anzuschieben und ich machte mich auf nach Mount Gambier.

MountGambier02

Der Blaue See ( mehr Bilder auf Flickr) gehört zu den beeindruckensten Dingen, die ich in Australien gesehen habe. Auf dem Weg zurück zur Küste besuchte ich noch Mt. Schank, ebenfalls ein erloschener Vulkan. Bei der Gelegenheit wird denke ich auch deutlich, dass sich in South Australia viele deutsche Siedler niedergelassen haben.

Und dann kam ich nach Port MacDonnell, das mich nachhaltig für die meisten anderen Stände und Küsten ruinierte. Es war windig, aber warm und ich hatte auf der ganzen Strecke bis dahin noch keinen derartig schönen Fleck Küste gesehen. Meine Bilder werden dem leider kaum gerecht, aber auf dieser Note will ich diesen Eintrag gerne ausklingen lassen.

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